Freitag, 15. August 2014

Kindheitstage!

Mein Name ist Egyp Krates und Ihr sollt meine Geschichte erfahren!

An einem warmen Sonntagmorgen.
Ich öffne meine Augen und schaue verträumt aus meinem Fenster auf das Meer
hinaus.
Wie spät es wohl ist?“, frage ich mich.
Mein Cousin Juan wollte mich heute früh abholen, um am Meer mit ein paar Klassenkameraden schwimmen zu gehen. Ich hoffe Miguel kommt nicht mit. Ihn mag ich nicht so gerne, ich finde er ist ein Angeber. Er ist nur so beliebt, weil er der einzige in
meinem Jahrgang ist, der ein Äther beherrschen kann. Dabei ist das nicht mal was
besonderes, er kann ja nur Dinge bewegen, dass kann jeder Erwachsene auch.
Plötzlich klopft es an meiner Tür und ich werde aus meinen Gedanken gerissen.
Mein Cousin tritt herein.
Na Egyp, wie geht’s du Schlafmütze? Die anderen sind schon am Strand. Zieh mal deine Badehose an und lass uns los gehen.“, ruft mein Cousin Juan.
Ja, ja! Warte im Wohnzimmer auf mich, ich bin in zwei Minuten da“, antworte ich.
Beeil dich! Nadia ist auch dort“, fügt er hinzu und zwinkert mir beim herausgehen
zu.

Ich stehe auf, trabe zu meinem Kleiderschrank hinüber und krame nach meiner Badehose. Nadia ist so wunderschön. Ihre goldblondes Haar, ihr süßes Lächeln und wenn sie Lacht wird mir immer so warm im Bauch. Wieso muss Juan Nadia auch mögen. Ich mochte sie zuerst und somit sollte sie auch mit mir zusammen sein wollen. Ich ziehe mir meine Badehose und ein T-Shirt an und schlüpfe in meine Flip-Flops rein. Ich husche aus meinem Zimmer noch schnell ins Badezimmer, putze mir die Zähne und wasche mir das Gesicht. Als ich fertig bin, gehe ich ins Wohnzimmer.

Juan sitzt mit meinen Eltern vor dem Fernseher, meine Schwester kann ich nicht entdecken, sie schläft bestimmt noch. Im Fernseher laufen Sportnachrichten, der Gewinner der Wahl des besten Trietristas wird heute Abend bekannt gegeben. Der Favorit soll wie immer Kabir Chenpo sein. Juan und ich träumten schon immer davon gemeinsam bei einem Trietrix-Tunier dabei sein zu können. Ich hoffe ich werde einmal ein richtig cooles Äther beherrschen. Ein Äther mit dem ich alle anderen Teilnehmer besiegen kann. So was wie das Lava Äther von Kabir.

Guten Morgen Mama und Papa!“, sag ich zu meinen Eltern.
Guten Morgen Egyp!“ erwidert mein Vater.
Hast du gut geschlafen?“, lächelt mich meine Mutter an.
Geht ihr schon wieder runter zum Strand?“, fügt sie noch hinzu.
Ja Mama, und die Eltern von“, ich schlucke kurz, „Ana sind auch da.“, lüge ich sie an.
Dann ist ja alles gut ihr zwei großen, viel Spaß euch!“, unterbricht mein Vater
bevor Mama etwas erwidern kann.
Mama wirft Papa einen viel sagenden Blick zu. Juan steht auf und wir beide gehen schnell zur Tür.
Danke und bis später“, sagen wir fast im Einklang.
Du bist immer spät dran“, sagt Juan, während ich die Tür hinter mir schließe.
Ich glaub du warst noch nie fertig, als ich dich abholen wollte.“, fügt er hinzu.
Naja du bist aber auch nicht immer pünktlich“, antworte ich nur knapp.
Ist Miguel heute auch am Strand?“, frage ich um das Thema schnell zu wechseln.
Ich hoffe nicht, sonst zeigt er wieder sein Äther der Telekinese und bewegt ein
bisschen Sand oder so. Wie soll ich Nadia sonst auffallen, wenn er da ist. Alle haben dann doch nur Augen für ihn.“, erwidert Juan.
Ich wünschte einfach, ich könnte auch schon ein Äther. So was wie Äther des Sandes, dann könnte ich ihn einfach im Sand bis zum Hals eingraben. Dann könnte er seine Arme nicht mehr nutzen um Dinge zu bewegen.“, wir fangen beide an zu lachen.
Aber was machst du dann gegen mein Äther der Lava!“, rufe ich ihm zu und stelle mich breit vor ihm auf.

Wir wechseln kurze Blicke. Er dreht sich wild im Kreis, schreit „Sandsturm!“ und wir stellen uns vor wie er durch Äther einen Sandsturm entstehen lässt. Er wedelt mit den Armen in meine Richtung und pustet heftig. Ich renne los und er hinterher. Nach einigen Metern stoppe ich, drehe mich im Kreis, fuchtle mit meinen Händen herum und rufe „Vulkanentstehung!“. Juan versucht noch auszuweichen und klettert auf einen kleinen Baum am Wegesrand. Doch ich sage ihm er sei besiegt.

Ist ja auch kein Wunder, der Vulkan von Kabir ist ja auch unbesiegbar. Als er diesen
letztes Jahr im Finale der Trietrix Weltmeisterschaft erschaffen hat, konnte ich das
gar nicht glauben. Obwohl seine beiden Teampartner schon besiegt waren, hat er es geschafft zwei Trietrista aus Chile und die starke Priya aus Indien mit dem Vulkan zu besiegen. Kein Wunder, dass er der beste Trietrista aller Zeiten sein soll.“ ,erwidert Juan etwas enttäuscht.
Es war einfach unglaublich! Eines Tages werden wir auch so einen Vulkan erschaffen und mit unseren Äthern alle anderen Trietrix-Teilnehmer besiegen. Dann werden wir auch so ein Held sein wie Kabir.“
Wir schwärmen beide noch vom Finale unserer Trietrix-Weltmeisterschaft bis Juan die anderen am Strandrand entdeckt.
Ein paar Klassenkameraden sind im Wasser und schwimmen und Miguel, Nadia und einige andere Jungen und Mädchen stehen am Strand und werfen Steine ins
Wasser. Wir laufen schnell dazu, begrüßen alle und sie erzählen uns, was für ein
Spiel sie spielen. Sie versuchen die Steine auf dem Wasser zu ditschen, um so weiter werfen zu können.
Einer meiner Würfe ist ganze 7-Mal auf dem Wasser aufgeditscht. Sogar öfters als
der von Miguel!“, erzählt uns Melina ganz Stolz.
Na und! Durch meine Telekinese ist mein Wurf aber viel weitergeflogen, also
gewinne ich.“, erwidert Miguel groß-protzig.
Du und deine Telekinese“ sagt Juan. „Ich schaffe das auch ohne diese blöde
Telekinese weiter zu werfen als du!“

Ich finde es einfach nur witzig, wie sich die anderen mal wieder alle gegenseitig
übertreffen wollen. Mein Cousin lässt sich viel zu einfach provozieren, wenn Miguel
in der Nähe ist. Juan sucht auf dem Strandboden nach einem geeigneten Stein.
Als er einen findet dreht er sich lächelnd zu Miguel um, geht ein paar Schritte aufs
Meer zu, holt aus und sein Stein fliegt gerade Mal 20 Meter weit. Miguel und die
anderen fangen lauthals an zu lachen.
Wenn man nicht mal etwas Telekinese manipulieren kann, kann das auch nichts werden. Sogar Amelie und Rene haben weiter geworfen!“, ruft Miguel lachend in Richtung von Juan.
Juan dreht sich wütend um, geht ein paar Schritte auf Miguel zu, der sich schon in
Stellung bringt sich zu verteidigen. Den Kampf kann mein Cousin nicht alleine
gewinnen, ich werde ihm helfen müssen. Miguel ist viel größer und stärker als Juan.
Komm nur her“, sagt Miguel provozierend.
Juan dreht sich plötzlich zur Seite um, und blickt auf eine Klippe, die ca. 20 Meter ins Meer hinein ragt. Dann geht er ein paar Schritte rückwärts und schaut auf den Boden.
Hey, was hast du denn jetzt vor?“, frage ich ihn.

Er antwortet mir nicht, sondern bückt sich und greift nach einem Stein und schaut
Miguel direkt in die Augen. Miguel scheint Angst vor einem Wurf von Juan zu
haben, denn er sucht um sich herum nach Schutz und versteckt sich hinter Amelie.
Juan lächelt und kommt auf uns zu.
Ich werde dir schon nichts tun Miguel“, spricht er zu Miguel mit hämischen grinsen.
Ich werde von dort aus werfen“, er deutet mit seinem Zeigefinger auf die aus dem
Meer ragende Klippe.

Die Klippe ragt nur ca. einen Meter aus dem Meer. Starke Wellen brausen sich
gegen sie auf. Der Weg zu ihr hin führt über nasse, spitze Steine. Es sieht aus wie ein Pfad in den sicheren Tod.
Das ist doch viel zu gefährlich, tue das nicht“, antwortet Nadia verängstigt.
Das traust du dir doch niemals zu!“, wirft Miguel meinem Cousin vor und kommt jetzt wieder hervor.
Ich gehe ein paar Schritte auf meinen Cousin zu, um ihn davon abzuhalten.
Schau dir die Klippe doch mal genauer an, da schlagen die Wellen viel zu stark auf. Du
wirst dich dort drauf niemals halten können. Wenn du es überhaupt bis dahin schaffst.“
Natürlich schaff ich es, und ich werde am weitesten von Allen werfen!“, er lächelt Nadia noch einmal an, die immer noch sehr verängstigt dreinblickt.
Er dreht sich um, legt seinen Stein in seine Hosentasche und stolziert mit breiter Brust in Richtung Klippe.

Mit anhaltender Spannung und Angst beobachten wir wie Juan sich vorsichtig auf
den ersten Stein tastet. Auf allen vieren versucht er den bestmöglichen Halt zu
bekommen und krabbelt langsam über das Gestein.
Er schafft es“, höre ich von Nadia hinter mir.
Tatsächlich! Er hat nur noch ein paar wenige Meter vor sich. Ruckartig rutscht seine rechte Hand an dem nassen Stein ab und mir bleibt der Atem stehen. Sein Körper bewegt sich etwas zur Seite, aber er stützt sich flink mit seinem rechten Bein ab und bleibt so auf dem Gestein. Für einen Moment bleibt er starr daran geklammert.
Im Augenwinkel sehe ich, wie meine anderen Klassenkameraden, die im Wasser
gespielt hatten, auch gespannt zu Juan aufsehen und mit dem Spielen aufgehört haben.
Juan bewegt sich vorsichtig weiter und erreicht das letzte Stück der Klippe. Er blickt kurz mit einem breiten Grinsen zu uns zurück und stellt sich langsam auf.
Stolz zeigt er seinen Stein in die Höhe, stellt sich in eine Wurfpose, holt aus und wirft mit aller Kraft nach vorne.
Sein gesamter Körper bewegt sich mit dem Stein mit nach vorne. In diesem Moment trifft eine gewaltige Welle auf die Klippe, die höher ragt als das Gestein, und Juan hart an seinen Beinen trifft. In seinem Gesicht spiegelt sich Freude und Schrecken zu gleich
wieder. Er wedelt wild mit den Armen um sich und versucht seinen Sturz noch
abzuwenden. Doch es ist zu spät, Juan fällt vorneweg ins Meer.
Um mich herum kreischen einige Mitschüler los, ich bin schockiert und starre auf
das Wasser vor der Klippe. Juan taucht wieder auf und versucht gegen die Wellen anzukämpfen. Doch das Meer ist zu gewaltig und eine weitere riesige Welle
schleudert ihn gegen die Klippe. Ein dumpfer Aufprall, ein Schrei und dann zieht ihn
das Meer zurück.
Wo ist er? Wo?“, kreischt eine Mitschülerin.
Er taucht nicht wieder auf, er muss bewusstlos sein!“, denke ich verzweifelt.
Dort drüben“, schreit Melina. Einige Meter abseits der Klippe taucht ein lebloser Körper im flachen Wasser auf. Von der Panik und Verzweiflung gepackt, sprinte ich ins Wasser und schwimme so schnell wie ich kann zu Juan.

Blut, überall Blut. Das Wasser um Juan herum hat sich rot gefärbt. Ich greife ihn
unter seinen Armen und ziehe ihn langsam aus dem Wasser. Melina und jemand anderes tauchen neben mir auf und helfen mir Juan an den Strand zu legen.
Hilfe, holt doch jemand Hilfe!“, schreit irgendjemand und ich höre mehrere Leute laufen los. Juan bewegt sich nicht, schaut einfach in die Leere. Von seiner linken Schulter
bis zu seinem Bauchnabel ragt eine riesige, offene Wunde aus der mehr und mehr
Blut tritt. Miguel versucht mit Hilfe von Telekinese das Blut vom raus fließen
abzuhalten. Es hat aber keinen Zweck, die Wunde ist zu groß und es fließt viel zu
viel Blut heraus.

Er wird sterben. Tränen treten aus meinen Augen. Was soll ich nur ohne ihn
machen? Er ist doch mein bester Freund! Wieso habe ich ihn nicht aufgehalten!
Ich schaue Juan tief in die Augen und sehe ihn vor lauter Tränen nur noch
verschwommen. Mein Blick wandert zur Wunde. Sie ist riesig und tief.
Verschwommen glitzert irgendetwas auf der Wunde. Sind das meine Tränen?
Hastig wische ich mir über das Gesicht. Es sind nicht meine Tränen, es sind
viele kleine Sechsecke, die auf der Wunde hin und her schweben. Wie von
Geisterhand bewegen sich meine Hände über die Wunde. Immer langsamer fließt
das Blut bis es ganz stehen bleibt. Alles erscheint mir, wie in einer Zeitlupe. Ich
spüre jeden einzelnen Muskel während sich meine Hände von der Schulter an über
die Wunde bewege. Ein Muskel ist gerissen und in dem Moment in dem meine
Hände darüber fahren, verbinden sich die beiden Enden des Muskels und die
Wunde schließt sich mit. Für eine Sekunde erfüllt ein unbeschreibliches Gefühl von
Glückseligkeit meinen Körper. Ein Gefühl, dass ich so noch nie zuvor erlebt habe. So stell ich mir das Paradies Ätheris vor, wie Mandis es beschrieben hat.

Die Sechsecke verschwinden, ich sehe alle meine Mitschüler um mich herum. Waren
sie schon die ganze Zeit hier? Weiter weg sehe ich einige Sanitätsleute anlaufen,
bis mir alles Dunkel vor den Augen wird und ich nur noch spüre, wie ich nach hinten
umfalle.