Mein Name ist Egyp Krates und Ihr sollt meine Geschichte erfahren!
An einem warmen Sonntagmorgen.
An einem warmen Sonntagmorgen.
Ich
öffne meine Augen und schaue verträumt aus meinem Fenster auf das
Meer
hinaus.
„Wie
spät es wohl ist?“, frage ich mich.
Mein
Cousin Juan wollte mich heute früh abholen, um am Meer mit ein paar
Klassenkameraden schwimmen zu gehen. Ich hoffe Miguel kommt nicht
mit. Ihn mag ich nicht so gerne, ich finde er ist ein Angeber. Er ist
nur so beliebt, weil er der einzige in
meinem
Jahrgang ist, der ein Äther beherrschen kann. Dabei ist das nicht
mal was
besonderes,
er kann ja nur Dinge bewegen, dass kann jeder Erwachsene auch.
Plötzlich
klopft es an meiner Tür und ich werde aus meinen Gedanken gerissen.
Mein
Cousin tritt herein.
„Na
Egyp, wie geht’s du Schlafmütze? Die anderen sind schon am
Strand. Zieh mal deine Badehose an und lass uns los gehen.“, ruft
mein Cousin Juan.
„Ja,
ja! Warte im Wohnzimmer auf mich, ich bin in zwei Minuten da“,
antworte ich.
„Beeil
dich! Nadia ist auch dort“, fügt er hinzu und zwinkert mir beim
herausgehen
zu.
Ich
stehe auf, trabe zu meinem Kleiderschrank hinüber und krame nach
meiner Badehose. Nadia ist so wunderschön. Ihre goldblondes Haar,
ihr süßes Lächeln und wenn sie Lacht wird mir immer so warm im
Bauch. Wieso muss Juan Nadia auch mögen. Ich mochte sie zuerst und
somit sollte sie auch mit mir zusammen sein wollen. Ich ziehe mir
meine Badehose und ein T-Shirt an und schlüpfe in meine Flip-Flops
rein. Ich husche aus meinem Zimmer noch schnell ins Badezimmer,
putze mir die Zähne und wasche mir das Gesicht. Als ich fertig bin,
gehe ich ins Wohnzimmer.
Juan
sitzt mit meinen Eltern vor dem Fernseher, meine Schwester kann ich
nicht entdecken, sie schläft bestimmt noch. Im Fernseher laufen
Sportnachrichten, der Gewinner der Wahl des besten Trietristas wird
heute Abend bekannt gegeben. Der Favorit soll wie immer Kabir Chenpo
sein. Juan und ich träumten schon immer davon gemeinsam bei einem
Trietrix-Tunier dabei sein zu können. Ich hoffe ich werde einmal
ein richtig cooles Äther beherrschen. Ein Äther mit dem ich alle
anderen Teilnehmer besiegen kann. So was wie das Lava Äther von
Kabir.
„Guten
Morgen Mama und Papa!“, sag ich zu meinen Eltern.
„Guten
Morgen Egyp!“ erwidert mein Vater.
„Hast
du gut geschlafen?“, lächelt mich meine Mutter an.
„Geht
ihr schon wieder runter zum Strand?“, fügt sie noch hinzu.
„Ja
Mama, und die Eltern von“, ich schlucke kurz, „Ana sind auch
da.“, lüge ich sie an.
„Dann
ist ja alles gut ihr zwei großen, viel Spaß euch!“, unterbricht
mein Vater
bevor
Mama etwas erwidern kann.
Mama
wirft Papa einen viel sagenden Blick zu. Juan steht auf und wir beide
gehen schnell zur Tür.
„Danke
und bis später“, sagen wir fast im Einklang.
„Du
bist immer spät dran“, sagt Juan, während ich die Tür hinter mir
schließe.
„Ich
glaub du warst noch nie fertig, als ich dich abholen wollte.“,
fügt er hinzu.
„Naja
du bist aber auch nicht immer pünktlich“, antworte ich nur knapp.
„Ist
Miguel heute auch am Strand?“, frage ich um das Thema schnell zu
wechseln.
„Ich
hoffe nicht, sonst zeigt er wieder sein Äther der Telekinese und
bewegt ein
bisschen
Sand oder so. Wie soll ich Nadia sonst auffallen, wenn er da ist.
Alle haben dann doch nur Augen für ihn.“, erwidert Juan.
„Ich
wünschte einfach, ich könnte auch schon ein Äther. So was wie
Äther des Sandes, dann könnte ich ihn einfach im Sand bis zum Hals
eingraben. Dann könnte er seine Arme nicht mehr nutzen um Dinge zu
bewegen.“, wir fangen beide an zu lachen.
„Aber
was machst du dann gegen mein Äther der Lava!“, rufe ich ihm zu
und stelle mich breit vor ihm auf.
Wir
wechseln kurze Blicke. Er dreht sich wild im Kreis, schreit
„Sandsturm!“ und wir stellen uns vor wie er durch Äther einen
Sandsturm entstehen lässt. Er wedelt mit den Armen in meine Richtung
und pustet heftig. Ich renne los und er hinterher. Nach einigen
Metern stoppe ich, drehe mich im Kreis, fuchtle mit meinen Händen
herum und rufe „Vulkanentstehung!“. Juan versucht noch
auszuweichen und klettert auf einen kleinen Baum am Wegesrand. Doch
ich sage ihm er sei besiegt.
„Ist
ja auch kein Wunder, der Vulkan von Kabir ist ja auch unbesiegbar.
Als er diesen
letztes
Jahr im Finale der Trietrix Weltmeisterschaft erschaffen hat, konnte
ich das
gar
nicht glauben. Obwohl seine beiden Teampartner schon besiegt waren,
hat er es geschafft zwei Trietrista aus Chile und die starke Priya
aus Indien mit dem Vulkan zu besiegen. Kein Wunder, dass er der beste
Trietrista aller Zeiten sein soll.“ ,erwidert Juan etwas
enttäuscht.
„Es
war einfach unglaublich! Eines Tages werden wir auch so einen Vulkan
erschaffen und mit unseren Äthern alle anderen Trietrix-Teilnehmer
besiegen. Dann werden wir auch so ein Held sein wie Kabir.“
Wir
schwärmen beide noch vom Finale unserer Trietrix-Weltmeisterschaft
bis Juan die anderen am Strandrand entdeckt.
Ein
paar Klassenkameraden sind im Wasser und schwimmen und Miguel, Nadia und
einige andere Jungen und Mädchen stehen am Strand und werfen Steine
ins
Wasser.
Wir laufen schnell dazu, begrüßen alle und sie erzählen uns, was
für ein
Spiel
sie spielen. Sie versuchen die Steine auf dem Wasser zu ditschen, um
so weiter werfen zu können.
„Einer
meiner Würfe ist ganze 7-Mal auf dem Wasser aufgeditscht. Sogar
öfters als
der
von Miguel!“, erzählt uns Melina ganz Stolz.
„Na
und! Durch meine Telekinese ist mein Wurf aber viel weitergeflogen,
also
gewinne
ich.“, erwidert Miguel groß-protzig.
„Du
und deine Telekinese“ sagt Juan. „Ich schaffe das auch ohne diese
blöde
Telekinese
weiter zu werfen als du!“
Ich
finde es einfach nur witzig, wie sich die anderen mal wieder alle
gegenseitig
übertreffen
wollen. Mein Cousin lässt sich viel zu einfach provozieren, wenn
Miguel
in
der Nähe ist. Juan sucht auf dem Strandboden nach einem geeigneten
Stein.
Als
er einen findet dreht er sich lächelnd zu Miguel um, geht ein paar
Schritte aufs
Meer
zu, holt aus und sein Stein fliegt gerade Mal 20 Meter weit. Miguel
und die
anderen
fangen lauthals an zu lachen.
„Wenn
man nicht mal etwas Telekinese manipulieren kann, kann das auch
nichts werden. Sogar Amelie und Rene haben weiter geworfen!“, ruft
Miguel lachend in Richtung von Juan.
Juan
dreht sich wütend um, geht ein paar Schritte auf Miguel zu, der sich
schon in
Stellung
bringt sich zu verteidigen. Den Kampf kann mein Cousin nicht alleine
gewinnen,
ich werde ihm helfen müssen. Miguel ist viel größer und stärker
als Juan.
„Komm
nur her“, sagt Miguel provozierend.
Juan
dreht sich plötzlich zur Seite um, und blickt auf eine Klippe, die
ca. 20 Meter ins Meer hinein ragt. Dann geht er ein paar Schritte
rückwärts und schaut auf den Boden.
„Hey,
was hast du denn jetzt vor?“, frage ich ihn.
Er
antwortet mir nicht, sondern bückt sich und greift nach einem Stein
und schaut
Miguel
direkt in die Augen. Miguel scheint Angst vor einem Wurf von Juan zu
haben,
denn er sucht um sich herum nach Schutz und versteckt sich hinter
Amelie.
Juan
lächelt und kommt auf uns zu.
„Ich
werde dir schon nichts tun Miguel“, spricht er zu Miguel mit
hämischen grinsen.
„Ich
werde von dort aus werfen“, er deutet mit seinem Zeigefinger auf
die aus dem
Meer
ragende Klippe.
Die
Klippe ragt nur ca. einen Meter aus dem Meer. Starke Wellen brausen
sich
gegen
sie auf. Der Weg zu ihr hin führt über nasse, spitze Steine. Es
sieht aus wie ein Pfad in den sicheren Tod.
„Das
ist doch viel zu gefährlich, tue das nicht“, antwortet Nadia
verängstigt.
„Das
traust du dir doch niemals zu!“, wirft Miguel meinem Cousin vor und kommt
jetzt wieder hervor.
Ich
gehe ein paar Schritte auf meinen Cousin zu, um ihn davon abzuhalten.
„Schau
dir die Klippe doch mal genauer an, da schlagen die Wellen viel zu
stark auf. Du
wirst
dich dort drauf niemals halten können. Wenn du es überhaupt bis
dahin schaffst.“
„Natürlich
schaff ich es, und ich werde am weitesten von Allen werfen!“, er
lächelt Nadia
noch einmal an, die immer noch sehr verängstigt dreinblickt.
Er
dreht sich um, legt seinen Stein in seine Hosentasche und stolziert
mit breiter Brust in Richtung Klippe.
Mit
anhaltender Spannung und Angst beobachten wir wie Juan sich
vorsichtig auf
den
ersten Stein tastet. Auf allen vieren versucht er den bestmöglichen
Halt zu
bekommen
und krabbelt langsam über das Gestein.
„Er
schafft es“, höre ich von Nadia hinter mir.
Tatsächlich!
Er hat nur noch ein paar wenige Meter vor sich. Ruckartig rutscht
seine rechte Hand an dem nassen Stein ab und mir bleibt der Atem
stehen. Sein Körper bewegt sich etwas zur Seite, aber er stützt
sich flink mit seinem rechten Bein ab und bleibt so auf dem Gestein.
Für einen Moment bleibt er starr daran geklammert.
Im
Augenwinkel sehe ich, wie meine anderen Klassenkameraden, die im
Wasser
gespielt
hatten, auch gespannt zu Juan aufsehen und mit dem Spielen aufgehört
haben.
Juan
bewegt sich vorsichtig weiter und erreicht das letzte Stück der
Klippe. Er blickt kurz mit einem breiten Grinsen zu uns zurück und
stellt sich langsam auf.
Stolz
zeigt er seinen Stein in die Höhe, stellt sich in eine Wurfpose,
holt aus und wirft mit aller Kraft nach vorne.
Sein
gesamter Körper bewegt sich mit dem Stein mit nach vorne. In diesem
Moment trifft eine gewaltige Welle auf die Klippe, die höher ragt
als das Gestein, und Juan hart an seinen Beinen trifft. In seinem
Gesicht spiegelt sich Freude und Schrecken zu gleich
wieder.
Er wedelt wild mit den Armen um sich und versucht seinen Sturz noch
abzuwenden.
Doch es ist zu spät, Juan fällt vorneweg ins Meer.
Um
mich herum kreischen einige Mitschüler los, ich bin schockiert und
starre auf
das
Wasser vor der Klippe. Juan taucht wieder auf und versucht gegen die
Wellen anzukämpfen. Doch das Meer ist zu gewaltig und eine weitere
riesige Welle
schleudert
ihn gegen die Klippe. Ein dumpfer Aufprall, ein Schrei und dann zieht
ihn
das
Meer zurück.
„Wo
ist er? Wo?“, kreischt eine Mitschülerin.
„Er
taucht nicht wieder auf, er muss bewusstlos sein!“, denke ich
verzweifelt.
„Dort
drüben“, schreit Melina. Einige Meter abseits der Klippe taucht
ein lebloser Körper im flachen Wasser auf. Von der Panik und
Verzweiflung gepackt, sprinte ich ins Wasser und schwimme so schnell
wie ich kann zu Juan.
Blut,
überall Blut. Das Wasser um Juan herum hat sich rot gefärbt. Ich
greife ihn
unter
seinen Armen und ziehe ihn langsam aus dem Wasser. Melina und jemand
anderes tauchen neben mir auf und helfen mir Juan an den Strand zu
legen.
„Hilfe,
holt doch jemand Hilfe!“, schreit irgendjemand und ich höre
mehrere Leute laufen los. Juan bewegt sich nicht, schaut einfach in
die Leere. Von seiner linken Schulter
bis
zu seinem Bauchnabel ragt eine riesige, offene Wunde aus der mehr und
mehr
Blut
tritt. Miguel versucht mit Hilfe von Telekinese das Blut vom raus
fließen
abzuhalten.
Es hat aber keinen Zweck, die Wunde ist zu groß und es fließt viel
zu
viel
Blut heraus.
Er
wird sterben. Tränen treten aus meinen Augen. Was soll ich nur ohne
ihn
machen?
Er ist doch mein bester Freund! Wieso habe ich ihn nicht aufgehalten!
Ich
schaue Juan tief in die Augen und sehe ihn vor lauter Tränen nur
noch
verschwommen.
Mein Blick wandert zur Wunde. Sie ist riesig und tief.
Verschwommen
glitzert irgendetwas auf der Wunde. Sind das meine Tränen?
Hastig
wische ich mir über das Gesicht. Es sind nicht meine Tränen, es
sind
viele
kleine Sechsecke, die auf der Wunde hin und her schweben. Wie von
Geisterhand
bewegen sich meine Hände über die Wunde. Immer langsamer fließt
das
Blut bis es ganz stehen bleibt. Alles erscheint mir, wie in einer
Zeitlupe. Ich
spüre
jeden einzelnen Muskel während sich meine Hände von der Schulter an
über
die
Wunde bewege. Ein Muskel ist gerissen und in dem Moment in dem meine
Hände
darüber fahren, verbinden sich die beiden Enden des Muskels und die
Wunde
schließt sich mit. Für eine Sekunde erfüllt ein unbeschreibliches
Gefühl von
Glückseligkeit
meinen Körper. Ein Gefühl, dass ich so noch nie zuvor erlebt habe.
So stell ich mir das Paradies Ätheris vor, wie Mandis es beschrieben
hat.
Die
Sechsecke verschwinden, ich sehe alle meine Mitschüler um mich
herum. Waren
sie
schon die ganze Zeit hier? Weiter weg sehe ich einige Sanitätsleute
anlaufen,
bis
mir alles Dunkel vor den Augen wird und ich nur noch spüre, wie ich
nach hinten
umfalle.